Für wen war das Ergebnis eine gefühlte Niederlage?
Zu Pressekonferenz nach dem Oberligaspiel zweier abstiegsbedrohten Mannschaften waren sich beide Trainer einig. Sowohl Rezart Cami, seit Juli 2024 Übungsleiter beim Ludwigsfelder FC, als auch Holger Jähnisch, dienstältester Oberligacoach und 13 Jahre „im Geschäft“,, reklamierten für sich eine „gefühlte Niederlage“. Dafür hatten sie jeweils gute Gründe.
Die von Jähnisch stammten vor allem aus dem ersten Durchgang. In dem wirkten die Gastgeber in ihrem vorletzten Heimspiel des Jahres völlig harmlos. Nicht einmal musste Linus Löffler im Kasten des LFC ernsthaft eingreifen, um eine Chance zu vereiteln. Aber auch die Rand-Berliner rissen keine Bäume aus. Doch sie hatten wenigstens zwei Gelegenheiten, um einzulochen. Zunächst wehrte der klug den Winkel verkürzende Max Bresemann ein Solo eines Gästeaakteurs mit hervorragendem Stellungsspiel ab, sodass das Spielgerät an Außennetz ging und die zweite Ecke verursachte (11.), Dann musste der Einheit-Schlussmann all sein Können zeigen, um das Leder von Alexander Eichhorn aus Nahdistanz abzuwehren (23.). Diese Gelegenheit trauerte Cami vor allem nach.
Erst kurz vor dem Pausenpfiff von Paul Werrmann, der als „Einser-Abiturient“ natürlich sein gymnasiales Lehramtsstudium erfolgreich beendete und mit der insgesamt anständig geführten Partie keine Mühe hatte, blitzte auch bei der Einheit auf, dass sie die Begegnung gewinnen wollte. Aber der sehr gut angelegte Angriff über mehrere Stationen verpuffte (44.).
Entsprechend unterschiedlich fiel das Urteil der Trainer über die ersten 45 Minuten aus. „Wir haben das Spiel gut kontrolliert, ordentlich gestanden und der Gegner kam kaum zu Torchancen“, sagte Cami. Sein Pendant auf der Seite der Hausherren resümierte: „Wir wussten, was uns erwartet. Ludwigsfelde hat im ersten Spiel gegen Bautzen ein paar Tore mehr bekommen. Sonst haben sie sich, das hat man heute gesehen, mehr als achtbar verkauft. Sie haben sich nie abschießen lassen. Sie haben immer knapp verloren, manchmal auch kurz vor Toresschluss. Deshalb wussten wir, dass es schwer wird.“
Offensichtlich hatte Jähnisch in der Pause die richtigen Worte gefunden. Denn nun wirkten die Einheimischen sehr viel agiler und hatten zunächst Pech, dass Ron Wachs nach einer Eingabe nur den Pfosten traf (52.). Zwar antwortete der LFC mit einem Abseitstor (53.), aber Markus Baumann, der sich so wie alle seine Teamgefährten nach dem Wechsel deutlich steigerte, konnte bei seiner Möglichkeit nicht einnetzen (54.).
Danach erhöhte Rudolstadt vor allem sein Eckenkonto, wobei der Verfasser am Ende dreizehn Standards zählte. Gerade hier vermisste man den Spezialisten Max Schlegel, der noch für ein Spiel gesperrt ist, deutlich.
Doch nun hatte der FC Chancen, wobei Marco Riemer (56., 67.), Aulon Shoshaj (64., 65.), Liam Floßmann (71.), Tom Krahnert (78.), und der eingewechselte Robin Ensenbach (84., 86.) dicht vor Torerfolgen standen.
Aber zu diesem Zeitpunkt lag die Platzelf schon 0:1 hinten. Nach einer gelungenen Kombination überraschte Torschütze Yannik Schleske Bresemann mit einem flachen Ball von der rechten Seite aus spitzem Winkel ins Eck (69.).
Aber die Rudolstädter hatten doch noch eine Antwort. Als die LFC-Deckung das Leder nicht genug klären konnte, fasste sich der ins Spiel gekommene junge Adrian Veleski, von Hause aus Abwehrspieler, ein Herz und hämmerte die Kugel aus 20 Metern und halblinker Position ins lange Eck (90.).
Alle Versuche der Gastgeber, in der vierminütigen Nachspielzeit doch noch das Siegtor zu erzielen, scheiterten. So blieb es beim 1:1, das die Trainer so bewerteten: „Nach dem 1:0 für uns hat Rudolstadt den Druck erhöht und alles nach vorn geworfen.. Wir waren dann zu wild und hatten nicht mehr die Kontrolle. Wir haben zwar versucht, zurückzukommen und hatten auch ein, zwei Möglichkeiten. Aber wir hätten auch schon vorher das 1:1 kassieren können. Den einzigen Vorwurf. den ich meiner Mannschaft machen kann. ist, dass, wenn ich drei Punkte fast im Sack habe, ich bereit sein muss, alles zu geben, weil wir unbedingt die drei Punkte brauchen. Dann kommt so ein Schuss und es steht 1:1. Das ist bitter, es ist für uns eine gefühlte Niederlage“ Rezart Cami).
„Auch wenn wir am Ende glücklich mit dem 1:1 heraus gegangen sind, fühlt sich das, so wie bei meinem Kollegen, wie eine Niederlage an. Unter diesen schwierigen Bedingungen war es ein sehr wildes und hektisches Spiel. Wir müssen einfach unsere Chancen konsequent nutzen. In dieser Liga ist es so, da schenkt einem niemand etwas. Man muss 10 Prozent mehr investieren, damit man auch gegen Ludwigsfelde die überlebenswichtigen Punkte holt. Das ist uns nicht geglückt und am Ende muss man mit dem 1:1 noch zufrieden sein. Wir sind einer Niederlage von der Schippe gesprungen“, zog Holger Jähnisch ein Fazit. Dass er ziemlich „angefressen“ war, zeigten auch diese Sätze: „Aber das wirkt bei mir noch nach und ich muss mich merst noch ein wenig sammeln. Ich bin enttäuscht, dass wir nicht mehr investiert haben. Wir hätten in einem Spiel, in dem es um so viel geht, eine bessere Leistung zeigen müssen.“
Bleibt die Frage, für wen es nun eine gefühlte Niederlage war. Für den Chronisten, der schon unzählige Oberligaspiele des FC Einheit gesehen hat, liegt die Enttäuschung wohl mehr auf der Seite der Gäste aus Brandenburg. Denn wer in der 90. Minute noch den Ausgleich bekommt, kann nicht wirklich froh mehr als 270 Kilometer nach Hause fahren … .
Die Statistik
FC Einheit:
Bresemann, Giebel, Floßmann, Shoshaj (75. Ensenbach), Riemer, Krahnert, Baumann, Homik (33. Kuhn, 75. Veleski), Ruprecht, Rühling (75. Siegel), Wachs
Ludwigsfelder FC
Löffler, Sanatci, Schleske (70. Mavangui da Silva), Dag, Fleddermann, Quarz, Eichhorn, Kardjilov, Alhasan (86. Gollos), Eirich (87. Passow), Fuhrmann
Schiedsrichter: Paul Werrmann, Zuschauer: 72
Torfolge: 0:1 Yannik Schleske (69.), 1:1 Adrian Veleski (90.)
Hartmut Gerlach