Im Porträt: Turnen und Ausdauerläufe als gute Voraussetzungen für den Fußballer Tim Rühling

Wenn Tim Rühling, der seit kurzem in den eigenen vier Wänden in Jena wohnt und damit das „Hotel Mama“ verlassen hat, für Freunde kocht, was er gern tut, dann kommt schon mal Bananen-Curry mit Hähnchen auf den Tisch. Es sei sein Lieblingsessen, betont der junge Mann, den wir erst mit reichlicher Verspätung vorstellen (Entschuldigung, Rühle!). Schließlich gehört er bereits seit dem Spieljahr 2018/19 zum Oberligakader in Rudolstadt.

Begonnen hat die fußballerische Karriere für den Jenenser – eine Bezeichnung für nur in der Zeiss-Stadt geborene Kinder– da war er gerade mal acht Jahre alt. Im Ergebnis eines Fußball-Camps im WM-Jahr 2006 hielten ihn die Trainer für geeignet, beim FC Carl Zeiss Jena zu starten.

Eine Prognose, die  sich als richtig erweisen sollte, denn fortan war „Rühle“, wie ihn seine Mitstreiter und Freunde auf – und außerhalb des Spielfeldes nennen, fester Bestandteil der unterschiedlichen Nachwuchsmannschaften des FC Carl Zeiss.

In denen spielte er bis in der Junioren-Bundesliga und erlebte mit dem DFB-Pokalfinale 2017 in Berlin gegen Eintracht Braunschweig ein unvergessliches Event. Das ging zwar 0:3 verloren, aber noch heute schwärmt Tim davon. Auch Trainer wie Georg-Martin Leopold („Er hat mich geprägt.“), Mark Zimmermann oder Stefan Treitl hat er in sehr guter Erinnerung.

Aber wie bei vielen Talenten lief auch bei ihm nicht alles immer perfekt. Im B-Junioren-Jahrgang U17 spielte er wenig und auch mit der Schule war der Abiturient in spe nicht zufrieden. Praktisch „über Nacht“ fanden Tim und seine Eltern eine Lösung – ein halbes Jahr in einem anderen Land. Tim Rühling ging für sechs Monate vom Januar bis Juni 2015 nach Kanada. Er tat an der Westküste viel für seine Sprache und auch etwas für den Fußball.

So kam Tim Rühling mit neuer Motivation nach Deutschland zurück. Er baute sein Abitur und fasste in der U19 sowie gleichzeitig in der 2. Mannschaft. Fuß. „Schnell war klar, dass ich das Niveau habe, um in diesen Mannschaften zu spielen und ich wurde zu einer Säule vor allem in der U19“, denkt er gern zurück.

Auch als Kenny Verhoene Trainer beim FCC wurde, wäre er gern im Club geblieben. Doch die Perspektiven schienen ihm wenig verlockend. Beim Blick auf andere Vereine kam über den Kontakt von Marco Jähnisch, damals Co-Trainer der U19, der zu Bruder Holger, Oberligacoach beim FC Einheit, und zum Sportlichen Leiter Renè Just zustande. Zudem informierte er sich über Freunde wie  Lukas Schirrmeister und Arne Reetz über den möglichen Verein. Der wurde ihm als familiär mit coolen Typen und einem guten Umfeld beschrieben.

Gründe für den Mann vor der Saison 2018/19 saaleaufwärts zu wechseln. Einen Schritt, den er bis heute nicht bereut hat. Längst ist er auf der rechten Abwehrseite unentbehrlich, besticht mit Dynamik, Athletik und guter Technik und trägt mit präzisen Flanken von außen schon mal zu Toren für den Oberligisten bei. In den bisherigen sieben Spielserien hat er 146 Begegnungen für den FC Einheit bestritten und fünf Tore erzielt. Die Statistik weist neun Assists aus, wobei wir diese Zahl mit Vorsicht genießen. Sie scheint ein Stück weit größer zu sein … .

Das ist der geeignete Zeitpunkt, um die Standardfrage bei Vorstellungen von Spielern zu stellen: Worin siehst du deine eigenen Stärken?

„Ich habe eine sehr gute Ausdauer, die mir vielleicht vom Papa, der selbst viel gelaufen ist, in die Wiege gelegt wurde, Zudem spiele ich immer mit Einsatz. Ich bin ein emotionaler Typ, kann schlecht verlieren und bin ein Teamplayer. Gern tauche ich auf der rechten Seite auf und versuche mich bei Flankenläufen“, antwortet er.

An seine Auftritte im ersten Jahr im Einheit-Dress denkt er wegen der Eigentore in Krieschow und bei Chemie Leipzig nicht so gern, zumal die Kollegen ihn natürlich dafür aufzogen. Doch er biss sich durch und ist wie in Jena längst ein Leistungsträger im Jähnisch-Team.

Dabei kommen ihm Sportarten, die Tim früher betrieben hat, zugute. So hat er sehr erfolgreich Läufe bestritten – daher die Ausdauer –  und sogar zwei Jahre neben dem Fußball geturnt. Die Körperspannung, die er sich dadurch antrainiert hat, ist für den nur 1,72 Meter großen Abwehrmann bei Kopfballduellen gegen größere Gegenspieler durchaus von Vorteil.

Beruflich gehört er zur Fraktion des, wie er selbst sagt, „FC-Pädagogik“ in der Einheit. Nachdem er am Lehramtsstudium Sport/Politikwissenschaft für Regelschulen wenig Gefallen fand, „grätschte“ Corona dazwischen. Seine Ambitionen gingen ohnehin in Richtung Grundschule und er begann nach diversen Praktika eine Ausbildung zum Horterzieher. Die schloss Tim Rühling im August 2024 ab und seitdem arbeitet er an der Grundschule „Heinrich Heine“ in Jena mit Kindern der 1. bis 4. Klasse. Eine Tätigkeit, die ihm viel Spaß macht, aber, wie bei jungen Leuten nicht selten, durchaus noch nicht die letzte berufliche Station sein muss.

Trotz der eigenen Wohnung im Jenaer Stadtzentrum sind die Verbindungen zu Papa, der ein Outdoor-Geschäft in Wernigerode betreibt, und zur Mama, die als Krankenschwester arbeitet, sowie zur Schwester (24), die gerade ihr Kunststudium in Dresden abgeschlossen hat, weiterhin sehr eng. Bestimmt werden sie vom Sohn zum Essen eingeladen. Was gibt es dann vielleicht?  Drei Mal darf man raten … .

Fotos: Achim Freund

Hartmut Gerlach

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