Zum Porträt über den Vereinssprecher: Programme gab es bis Ende 2023

Natürlich habe ich mich sehr über den umfangreichen Beitrag von Steffen Eß anlässlichmeiner Verabschiedung als Vorsitzender des Öffentlichkeitsausschusses des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV) vom 16.11.24 gefreut. Als letzter ehrenamtlicher Pressesprecher in einem DFB-Landesverband habe ich mit 73 Jahren meinen „Hut genommen“. Nun wird die Öffentlichkeitsarbeit wie bei den anderen 20 Landesverbänden im Hauptamt erledigt, wobei der Ausschuss, den ich 24 Jahre geleitet habe, schon zuvor aufgelöst wurde.

Aber, das habe ich ja deutlich zum Ausdruck gebracht, meine ganze Liebe und mein Herzblut gehört meinem Verein, dem FC Einheit Rudolstadt. Man nur sehen, wie lange das noch geht … .

Der Dank geht an Steffen für seinen Artikel. Der hat nur einen kleinen Fehler, was vielleicht an meiner Kommunikation lag,  Programmhefte des Vereins zu den Heimspielen der 1. Mannschaft gab es von September 1990 bis zum Ende des Jahres 2023. Dann wurden sie aus finanziellen Gründen eingestellt.

„Die Stimme des Fußballs

Hartmut Gerlach hat fast 30 Jahre in der Freizeit die Öffentlichkeitsarbeit für den Thüringer Fußball-Verband erledigt. Nun verabschiedet er sich und wird dennoch weiter gehört

Rudolstadt Ein paar Sätze, die hätte er gern noch verloren in dem Kreis derer, die über die Jahre eine zweite Familie geworden sind. Hartmut Gerlach belässt es bei einem Lächeln, wartet bis zur Pause. In Gedanken sagt er kurz danke. Und fort ist er. Wenn der auf Anstand achtende Rudolstädter an den Verbandstag im Erfurter Stadion zurückdenkt , sagt er sich, es ist nicht seine Art gewesen.

Gewöhnlich gehört er zu den Letzten, die den Raum verlassen, wenn der Thüringer Fußball-Verband (TFV) zusammenruft. Gewöhnlich hat er viel zu tun. Diesmal nur muss es zügig gehen. Es ist ihm schwergefallen, weil es den Abschied nach einem halben Leben im Verband bedeutet. In dem Moment ist er nicht aufschiebbar. Der Sprecher-Turm im Heinepark wartet.

Der gelbe Kasten lässt den 73-Jährigen vor zwei Wochen abrupt nach Rudolstadt aufbrechen. Und er ist es, zu dem er auch an diesem Samstag die steile Treppe hinaufsteigt. Wenige Quadratmeter empfangen ihn, ein Regal, Stühle, ein Mikrofon. Minimale Ausstattung, maximaler Blick. Der beste, um zu sehen, was sich unter ihm im Einheit-Stadion abspielt. Oder besser, wer spielt.

Regionalligist FC Carl Zeiss wird dort an diesem Samstagnachmittag von der Einheit-Elf empfangen. Seit Tagen arbeiten sie im Verein daran, um das Kleinod am Kleinen Damm herzurichten. Das Landespokal-Viertelfinale ist für den Oberligisten das Spiel des Jahres.

Manchmal sechs Beiträge am Tag – eine jede Zeile in der Freizeit

Auch für Hartmut Gerlach. Der gebürtige Barchfelder liebt Fußball von klein auf. Und er freut sich darauf. Wofür sein Herz schlägt, dafür reicht ein Blick in die Augen. Oder einer ins Regal seines Arbeitszimmers. Dort sind sie aufgereiht. Von 1990 bis 2013 erstreckt sich die Sammlung der Programmhefte. Stolz ist der Autor darauf. „Manchmal war die gesamte Familie mit eingespannt“, erinnert er sich an die viele Arbeit, bis Papier und Druck zu teuer werden. Für das Pokalspiel hat er noch einmal eines angefertigt.

Der Aufwand ist es dem Pensionär wert. Seit 1978 spielt der einst „eisenharte Verteidiger“ im Verein und hilft, wo er gebraucht wird. Seit Jahrzehnten kleidet er am liebsten in Worte, wenn in Rudolstadt der Ball rollt. Ob für die Homepage, Programmhefte oder die Zeitung. Texte zu schreiben geht dem früheren Deutsch-Lehrer der Schillerschule von der Hand. Es macht aber nur einen Bruchteil von dem aus, weshalb er in Rudolstadt geschätzt wird – und weit darüber hinaus.

„Es wird anders sein“, sagt TFV-Präsident Udo Penßler-Beyer, als er Hartmut Gerlach beim Verbandstag vor den aufgestandenen und minutenlang klatschenden Vereinsvertretern zum Ehrenmitglied ernennt. Der letzte Mann, der die Öffentlichkeitsarbeit in einem Landesverband im Ehrenamt geleitet und gelebt hat, verlässt die TFV-Bühne. Nach mehr als 29 Jahren.

Hartmut Gerlach könnte tagelang erzählen. Davon, wie ein kritischer Beitrag über den Ostthüringer Verband den Weg zu diesem erst öffnet. Wie ihn der damalige TFV-Chef Rainer Milkoreit beim Kaffee an der Tankstelle überzeugt, zum TFV zu kommen. Wie er zig Pokalfinals erlebt und am Mikro begleitet. Aber vor allem hat er eine Unmenge über den Fußball im Land geschrieben.

Meist drei, vier, auch mal fünf oder sechs Beiträge verfasst er pro Tag. Nachrichten, Geschichten, Nachrufe, die nahe gehen. Besonders Porträts haben es ihm angetan, um Menschen und deren Tun für den Fußball in den Mittelpunkt zu stellen. Jede Zeile in der Freizeit.

Mehr als vierzig Jahre am Ball: Wie eine Achterbahnfahrt

„Da ist nichts Bemerkenswertes daran“, findet Hartmut Gerlach. „Wenn ich dagegen die Leute an der Tafel sehe oder von der Rettungsstaffel. Ich habe es einfach gern getan.“ Man kauft es ihm ab. „Wer macht’s? Der Gerlach.“ Es ist über die Jahre zum geflügelten Wort geworden. Kein Klagen, dafür Ranklotzen – und nun eine Lücke, die künftig über einen hauptamtlichen Mitarbeiter gefüllt werden muss.

Es ist an der Zeit gewesen, denkt Gerlach. Mehr Zeit für Ostsee oder das Lesen bleibt dennoch nicht. Der Theaterförderverein braucht seinen zweiten Vorsitzenden. Die Schule mit den Enkeln freut sich, wo er und Frau Karin wie am Freitag vorlesen. Und überhaupt ruft der FC Einheit und der „Job“ als Stadionsprecher. Wenn er die Teams vorstellt, die Spieler, ihre Erfolge, dann bedauert der Rudolstädter manchmal, keine Sprech-Ausbildung erhalten zu haben. Die große Kraft der Stimme, die weithin hörbar über das Sportgelände hallt, steckt aber vor allem im geschriebenen Wort.

Weit mehr als 40 Jahre auf und am Fußball-Platz mit Rudolstadt bedeuten eine Achterbahnfahrt. DDR-Bezirksklasse, später Bezirksliga, Landesklasse, Thüringenliga, seit 2013 Oberliga im Nordostdeutschen Fußball-Bereich – Siege, Niederlagen, Aufstiege, Abstiege, zwischen Tränen und Träumen.

Hartmut Gerlach hat viel erlebt. Er ist herumgekommen, kennt fast jeden Thüringer Rasen zwischen dem „Kaffeetälchen“ in Tiefenort und der Bluechip-Arena in Meuselwitz. Beide Stadien zählt er zu den schönsten. Der schönste Platz aber bleibt der Sprecher-Turm. Ein paar Quadratmeter, karge Ausstattung, klasse Aussicht. Dort, wo das Gerlachsche Herz schlägt, wo die Stimme des Fußballs zu hören ist.

Steffen Eß

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