Die Gastgeber begann die nie unfaire Partie, in der der aufmerksame Referee sparsam mit Verwarnungen umging und nur insgesamt drei zückte, mit viel Druck. Schon nach vier Minuten lag die Führung für die Einheit aus Rudolstadt in die Luft. Aber der Heber von Marco Riemer über den zögerlichen Torhüter Franz Lohse wurde von Moritz Singbeil, einem Spieler, der auf die Erfahrungen von fünf Vereinen zurückgreifen kann, gerade noch von der Line geschlagen (4.). Es folgte noch in der Anfangsphase ein Kopfball von Toni Stelzer nach einer Flanke von Maximilian Schlegel. Der ging allerdings knapp vorbei (12.).
Danach übernahmen die Gäste, die sich als Tabellenneunter den Kampf um den Aufstieg und den Klassenerhalt aus sicherer Entfernung anschauen können, aber nach der Heimniederlage gegen den FC Grimma aus Angst vor einem Verkürzung des Abstandes zu den Abstiegsrängen am 7. April Trainer Hannes Deicke entließen und Andrè Dzial holten, die Initiative. Sie hielten den Ball recht lange in den eigenen Reihen, wobei es nur einmal (20.) im Strafraum des diesmal von Max Bresemann gehüteten Tores der Einheimischen gefährlich wurde. „Zwar hatten wir sehr viel den Ball, aber der Gegner hat das sehr gut gemacht und war sehr effektiv. Er hatte schon in der 1. Halbzeit die große Chance, wo wir vor der Linie retteten“, befand der neue Coach des Gastes. Hingegen meinte Holger Jähnisch: „Wir haben im Ballvortrag nach unserem starken Beginn viel weggelassen. Wir waren im Ballbesitz sehr unkonzentriert. Unser Aufwand war sehr hoch, um selbst in Ballbesitz zu kommen und ich hätte mir gewünscht, dass wir die Umschaltmomente in der 1. Halbzeit sauberer und technisch besser zu Ende spielen.“
Trotzdem wurde es auf der Gegenseite für die Sachsen-Anhaltiner schon brenzliger, als Tim Rühling auf rechts losstürmte, mit seinem Schuss aber das Gehäuse nur um Zentimeter verfehlte (32.). „Im Training zerschießt ‚Rühle’ die Netze“, ärgerte sich Holger Jähnisch, der nach seiner vierten Gelben Karte die Begegnung nicht coachen konnte und sich das ganze Treiben von der Sprecherkabine aus anschauen musste. Nicht zufrieden war der dienstälteste Trainer der Oberliga auch mit dem stumpfen und zudem recht holprigen Platz.
Auch im zweiten Abschnitt hatte der Gast mehr Ballbesitzanteile, aber die Torgefahr hielt sich in Grenzen und Bresemann, der sich der Unterstützung seines verwandtschaftlichen Fan-Clubs erfreute, musst keine wirkliche „Heldentat“ vollbringen, um einen Einschlag in seinem Kasten zu verhindern. Dzial urteilte: „Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Der Kampfgeist und die Moral haben gestimmt.“
Rudolstadts Aktionen, die zunächst nicht so oft in der gegnerischen Hälfte stattfanden, atmeten da schon deutlich mehr Gefahrenmomente. Aber weder der Pass von Riemer (48.), der in der Mitte keinen Abnehmer fand, noch der Kopfball von Ron Wachs (54.) und der Schuss von Schlegel (58.) sorgten für Zählbares.
Nach exakt einer Stunde konnte der Stadionsprecher die Ziffer „1“ heraushängen und „Hoch Heidecksburg“ als Torfanfare auflegen. Marco Riemer spielte mit einem geschickten Lupfer Florian Giebel, diesmal weiter vorn aufgeboten, frei und der wuchtete die Kugel aus ziemlich „unmöglichem“ Winkel in die Maschen.
Die Männer aus dem Harz gaben sich nicht geschlagen, aber nur bei drei ihrer Aktionen (67. im Anschluss an eine Ecke, 75. nach einem Freistoß und 77. mit einem Schuss daneben) waren sie Treffern nahe. Die Hausherren verteidigten sehr gut und suchten ihr Heil immer wieder in der Offensive. Lohse musste schon eine tolle Parade zeigen, um bei einem Hammer von Riemer aus zwölf Metern das 2:0 für die Grün-Gelben zu verhindern (78.).
Eine Vorentscheidung fiel nach 81 Minuten. Max Schlegel traf vom Strafstoßpunkt nachdem Wachs in der Box gestreckt wurde und der berechtigte Elfmeterpfiff ertönte. Damit sei der Deckel drauf gewesen, sah es Jähnisch.
Dieser Treffer machte beim Gastgeber neue Kräfte frei. Nach 85 Minuten schien das 3:0 fällig, aber Riemer, allein auf Lohse zulaufend, scheiterte an diesem. Das dritte Tor fiel dann doch noch, als Riemer von links flankte und der völlig freie, spät eingewechselte Niels Noack nur noch einzucken Brauchte. Kurz zuvor hatte der Wernigeröder Keeper sich ganz lang machen müssen, um einen Schuss von Ole Meißner, ebenfalls kurz zuvor in die Partie gekommen, noch aus dem Eck kratzen zu können (90.+3).
Das Resümee der Trainer liest sich so. Andrè Dzial sagte: „Es war ein verdienter Sieg für Rudolstadt. Wir hätten jedoch unsere Serie von drei Spielen in Folge ungeschlagen zu sein, gern fortgesetzt. Das lag sicher auch daran, dass bei uns nach den turbulenten Wochen des Nichtabstiegskampfes bei den Jungs so ein wenig die Luft heraus ist. Zudem waren wir bis auf zwei Halbchancen vor dem Tor der Rudolstädter viel zu harmlos.“
Holger Jähnisch urteilte: „Es war auch gut, dass die Führungsspieler vorweg gegangen sind. Marco Riemer hat sich nach der Attacke gegen ihn in der 1. Halbzeit durchgebissen, denn wir haben gezittert, ob es bei ihm weitergeht. Wie wichtig er ist, hat der speziell nach der Pause gezeigt. Er hat die Bälle gesichert und zwei Tore vorbereitet. Das 1:0 hat er gut zu Florian ‚Juri’ Giebel durchgesteckt und der hat es mit Entschlossenheit vollstreckt. Wir haben Anschluss gewahrt und den Druck aufrechterhalten. Mehr ist es nicht vor den letzten beiden Spielen.“
Die Statistik
FC Einheit Rudolstadt:
Bresemann, Giebel (82. Noak), Schlegel, Fiedler, Riemer, Kuhn (69. Rupprecht), Krahnert, Stelzer, M. Baumann, Rühling, Wachs (89. Meißner)
FC Einheit Wernigerode
Lohse, Singbeil, Engelhardt, N. Schmidt, Farwig, Lisowski, Hess, Schlichting (90.+1 Beddigs), Treu, Litzenberg (87. Steinke), Sitzenstock (57. Riemann)
Schiedsrichter: Luis Riedel, Zuschauer: 165
Torfolge: 1:0 Florian Giebel (60.), 2:0 Maximilian Schlegel (81./Strafstoß), 3:0 Niels Noak (90-4)
Hartmut Gerlach