Diesmal glückliche Gesichter bei den Rudolstädtern
Das gab es in der Oberligarückrunde bislang nur nach den Spielen gegen Arnstadt, Marienberg und in Halle. Glückliche Gesichter bei Spielern, dem Funktionsteam und auch bei den drei Fans, die die Strapazen einer langen Zugfahrt auf sich genommen hatten und die Mannschaft im wunderschönen Johannes-May-Stadion Freital, das zudem einen hervorragenden Rasenplatz präsentierte, unterstützten. Da mag man kaum glauben, dass es demnächst eine noch viel bessere Sportstätte in der Stadt vor den Toren Dresdens geben wird.
Der Gastgeber rechnete sich für den Beginn der Heimserie mit drei Begegnungen einiges gegen die Gäste an. Die standen schließlich vor den Anpfiff auf einem Abstiegsplatz und hatten die Begegnung in der Hinrunde mit 1:4 verloren. Doch am Ende von 99 kampfbetonten Minuten, die in Schiedsrichter Franz Unger aus Sachsen-Anhalt einen Unparteiischen hatten, der viel mit den Akteuren kommunizierte, nicht wenige namentlich ansprach, aus Sicht der Gäste (fast) alles richtig machte und auch manch lockeren Spruch auf den Lippen hatte. Als beispielsweise Florian Giebel das Leder angesichts der Führung mit der Hacke ein Stück wegkickte und ein SC-Spieler dies monierte, meinte Unger in Richtung des Kritikers: „Das kann er nicht mit Absicht gemacht haben, diese Technik traue ich nur dir zu.“ Dass er auch die Zügel anziehen kann, als es etwas „nicklicher“ wurde, ohne dass er jeden oberligagerechten Zweikampf unterband, zeigte darüber hinaus die Qualitäten des 35-jährigen Bundeswehroffiziers, der für den TSV BW Brehna pfeift.
Holger Jähnisch hatte sich für das Match einige taktische Veränderungen einfallen lassen. So wurde Mittelfeldmann Tom Krahnert zum Abwehrchef und um es vorweg zu nehmen, er machte seine Sache so wie alle Rudolstädter vorzüglich.
Schon in den ersten Aktionen spürte man, dass die Thüringer nicht gewillt waren, die Punkte kampflos in Sachsen zu lassen. Die Körpersprache stimmte und die, die auf dem Feld standen, wurden pausenlos von der Bank und später auch von den Wechslern hinter dem Tor gepusht. So kam der Tabellenachte nicht zu Chancen, versuchte es mit langen Bällen und mit Einwürfen durch Felix Hennig, die zumeist den Charakter von Freistößen hatten.
Rudolstadt hielt mit positiver Körpersprache dagegen und setzte immer wieder Akzente in der Offensive. Die brachten nach zwei Aktionen von Maximilian Schlegel (6., 11.) zwar noch keinen Erfolg, aber im Anschluss an eine genaue Flanke von Florian Giebel war Marco Riemer einen Tick schneller als der junge, im letzten Spiel hochgelobte Keeper Johannes Endmann, der aus der A-Jugend von Dynamo Dresden stammt, und köpfte ein (16.).
Freitals Trainer Christopher Beck spürte, was auf seine Mannschaft nun zukam: „Wir sind unglücklich in Rückstand geraten und haben uns heute einfach schwer getan. Vielleicht haben wir ein Stück weit gedacht, das schaffen wir schon. Das ist ja dieses typische Spiel, die Truppen, die gegen den Abstieg kämpfen, geben 110 Prozent.“
Dieser Treffer tat der Moral der Gäste auf jeden Fall sehr gut „Ich habe es schon vorige Woche gesagt, dass wir auch einmal einen Brustlöser brauchen, in Führung gehen und dass wir dann noch mehr zu verteidigen haben. Dann setzt das auch noch einmal ein paar Prozentpunkte frei“, beschrieb Jähnisch die Stimmungslage seiner Mannschaft nach dem 1:0.
In der Folge war der SC zwar bemüht, biss sich aber bei Standards und Einwürfen immer wieder die „Zähne“ an der diesmal kopfballstarken Deckung der Einheit, die auch mal Bälle kompromisslos aus der gefährlichen Zone schlug, aus. Freital musste allerdings schon in der 1. Halbzeit zwei Mal verletzungsbedingt auswechseln, wobei in beiden Fällen die Duelle unglücklich verliefen und man den Grün-Gelben keine Schuld geben kann.
Nach einer fünfminütigen Nachspielzeit ging es mit einer Führung in die Halbzeitkabine. Dass die Hausherren im zweiten Durchgang Druck machen würden, wurde erwartet. Aber es dauerte recht lange, bis Freital zu zwei sehr guten Chancen kam. Zunächst wuchtete Kapitän Robin Fluß, der sich als fairer Sportsmann erwies, einen 22-Meter-Frestoß nur knapp über das Gebälk (66.). Dann verpasste der völlig freie Julian Mellem den Ausgleich (74.).
Rudolstadt blieb weiter bei den Grundtugenden, die Jähnisch immer wieder fordert, und igelte sich trotz einer verstärkten Abwehr nicht ein. Manch guter Ansatz im Spiel nach vorn wurde jedoch nicht konsequent zu Ende geführt. Hervorragend war allerdings bis zum Ende das Deckungsverhalten der Einheit.
Auch weitere Wechsel brachten Freital keine Vorteile. Der Einheit-Coach nutzte ebenfalls vier seiner fünf Möglichkeiten, wobei er auch A-Junior Fabian Lüdicke eine Einsatzgelegenheit gab. Die nutzte dieser so wie seine Teamgefährten mit viel Einsatz sowie großer Lauffreude und bestätigte damit die Trainingseindrücke.
Mussten die Rudolstädter zuletzt Gegentore in der Nachspielzeit hinnehmen, drehten sie diesmal den „Spieß um“. Abwehrspieler Florian Giebel tauchte kurz vor dem Schlusssignal plötzlich vorne auf, wurde bestens freigespielt, behielt die Übersicht und markierte das entscheidende 2:0 (90.+2). Der Rest ging im Jubel der Thüringer unter.
Christopher Beck zog am Ende dieses Fazit: „Der Gegner hat einen ordentlichen Kampf und Einsatz gezeigt. Wir haben es nicht hinbekommen, das besser auszuspielen. Rudolstadt hat sich in jeden Zweikampf hinein geknallt. Sie haben heute hier die Punkte verdient mitgenommen. Das muss man anerkennen.“
Gegenüber Holger Jähnisch resümierte: „Wir waren heute einfach mal wieder dran. Das ist das, was wir uns schon seit Wochen vornehmen. Aber es ist, da verstehe ich auch die Jungs, manchmal nicht so leicht, wenn man unten drin hängt. Wir müssen uns einfach trauen, Fußball zu spielen und die Grundtugenden ins Spiel bringen. Das haben wir heute gemacht. Man gemerkt, wozu die Jungs läuferisch und kämpferisch in der Lage sind. Das war heute rundherum gelungen. Aber es war auch nur ein Dreier und ein Schritt.“
Die Statistik
SC Freital
Endmann, Wermann, Fluß, Wessely, Weinhold (45. Heidler), Michael (35. Ph. Schmidt), Schulze (70. Adler), Hennig (70. Mellem), Frenzel (79. Herold), Ranninger, Von Brezinski
FC Einheit:
Geenen, Giebel, Schlegel, Fiedler, Riemer (90.+3 Zarschler), Kuhn (77. Lüdicke), Krahnert, Noak (77. Seturidze), Meißner, Rühling (83. Stelzer), Wachs
Schiedsrichter: Franz Unger, Zuschauer: 142
Torfolge: 0:1 Marco Riemer (16.), 0:2 Florian Giebel (80.+2)
Hartmut Gerlach