Als die Rudolstädter Anhänger im Oberligajahr 22/23 nach neun Spieltagen auf die Tabelle blickten, da standen dort nach drei Auftaktniederlagen gerade einmal sechs Unentschieden zu Buche und der FC Einheit befand sich in seinem elften Jahr in der 5. deutschen Liga auf einem Abstiegsplatz wieder. Damit schienen alle die Recht zu haben, die davon sprachen, dass die Mannschaft von Trainer Holger Jähnisch bei möglicherweise vier bis sechs Absteigern einer sein würde, der in der kommenden Saison in der Thüringenliga spielen würde. Auch der Vereinssprecher sah das Ganze, nicht nur angesichts der Ergebnisse, eher pessimistisch.
Der dienstälteste Coach der Liga redete, als wir beim traditionellen gemeinsamen Frühstück in einer Jenaer Szenekneipe über die Gründe für den schwachen Start sprachen, nicht wie die berühmte „Katze um den heißen Brei herum“. Er sagte: „Wir haben unsere Hautsaufgaben nicht gut genug gemacht. Es sit nicht gelungen, die Abgänge der Leistungsträger Michael Kühne, Tommy Barth und Luiz Schack zu kompensieren. Das hatte auf die Qualität und Quantität der Mannschaft Auswirkungen.“ Aber natürlich sei auch die Sommervorbereitung keineswegs optimal gelaufen. Langwierige, komplizierte Verletzungen von fünf Spielern und urlaubsbedingtes Fehlen machten die Vorbereitung und auch die ersten Begegnungen schwierig. Die Trainer hatten fast keine Optionen „Wir waren in dieser Zeit einfach nicht konkurrenzfähig. Ich wusste zwar, dass es nicht leicht wird, aber dass es so schwer würde, hätte auch ich nicht gedacht“, gibt Jähnisch zu. So hatte man im Pokal bei der Spitzenmannschaft der Thüringenliga, Glücksbrunn Schweina, nur zwölf Akteure im Kader.
Nach den kleinen Schritten mit sechs Unentschieden am Stück folgte am 22.10.23 der erste Dreier gegen Bautzen am 22.10.22.Teammanager Torsten Hölbing hatte übrigens prophezeit, dass man erst im Oktober die größten Probleme überwunden hätte. Der Erfolg fiel mit „sieben auf einen Streich“ gleich sehr deutlich aus. Mit dem nachfolgenden Sieg in Bischofswerda, wo laut Einheit-Coach nicht viele Teams gewonnen haben, dem Remis gegen Halle und dem Auswärtssieg in Nordhausen, waren die Grün-Gelben, die jetzt die ganz grüne Spielkleidung von ad hoc tragen, wieder im „Geschäft“.
Weshalb das so war, erklärt unser Gesprächspartner auch: „Die Mannschaft hat in der Krisenzeit zusammengehalten und wollte, angesichts der vielen Ausfälle, zunächst für Schadensbegrenzung sorgen. Das ist ja bekanntlich, wenn es läuft, immer relativ leicht. Die Truppe hat Charakter gezeigt. Der hat sie am Leben gehalten. Das Team ist zusammengerückt und jeder hat verstanden, dass er seinen Anteil bringen muss. Die Mannschaft hat gesehen, wozu sie in der Lage ist. Was sie fußballerisch kann, wussten wir ohnehin.“
Jähnisch ging es darum, gut zu verteidigen und taktisch diszipliniert. Und als die Winterpause begann, war der FC Einheit wieder in Schlagdistanz, aber längst nicht aller Sorgen ledig. Denn zur Staffeltagung in Halberstadt wurde klar kommuniziert, dass wohl erst der Platz 12 ganz sicher sei.
Dank eines besseren Aufgebotes legte der Oberligist vom 19. bis zum 31. Spieltag eine Serie von acht Siegen, drei Remis und nur drei Niederlagen hin. Damit war fünf Runden vor Saisonschluss der Klassenerhalt gesichert. „Totgesagte leben länger“ meint die Einheit-Legende und liefert damit die Steilvorlage für die Überschrift.
Während Holger Jähnisch die Vergleiche mit Eilenburg, Bischofswerda und Plauen als die besten Vorstellungen seiner Mannschaft einordnet, war er mit den Auftritten gegen Zorbau und Fahner Höhe nicht zufrieden. „Da haben wir uns manchmal die guten Spiele zuvor kaputt gemacht“, befindet der Trainer. Kritisch geht er auch damit um, dass der FC zu viele einfache Tore kassiert habe. „Die Gegner hatten es oft viel zu leicht.“ Das führte dazu, dass da und dort die Konstanz fehlte.
Dass Rudolstadt mit nur 21 Spielern den dünnsten Kader der Oberliga hat, zeige eben auch, dass man quantitativ und qualitativ nicht gut aufgestellt war. Sehr gut formiert war hingegen das Funktionsteam mit den Co-Trainern Marcel Reinhardt und Tim Ackermann, dem neuen Sportlichen Leiter, Teammanager Torsten Hölbing und Renè Just, bis zum Saisonende Sportlicher Leiter.
Der Schluss verlief so wie der Beginn der Saison 22/23. Da war allerdings der Klassenverbleib schon in „trockenen Tüchern“, Zudem fehlten durch Sperren und Verletzungen wieder Leistungsträger. „Wenn wir in den letzten fünf Begegnungen mehr gepunktet hätten, wäre sogar ein 6. Rang möglich gewesen“, setzte Holger Jähnisch den Schlusspunkt unter sein 12.Jahr als Trainer der 1. Mannschaft. Wir waren uns beim Kaffee im „Stilbruch“ einig, dass die Verbindung zwischen Jena und Rudolstadt unbedingt bestehen bleiben sollte … .
Die Statistik:
Die Mannschaft hat zwölf Spiele gewonnen: Bautzen 7:0 (H), Bischofswerda 3:3 (A), Nordhausen 1:0 (A), Eilenburg 1:0 (A), Westerhausen 3:0 (A), Sandersdorf 2:1 (H), Auerbach 1:0 (A), Plauen 2:0 (H), Neugersdorf 1:0 (A), Halle 4:1 (A), Nordhausen 2:0 (H), Freital 3:1 (A).
Elf Mal spielte man unentschieden: Westerhausen 1:1 (H), Ludwigsfelde 3:3 (A), Zorbau 1:1 (H), Sandersdorf 1:1 (A), Auerbach 0:0 (H), Plauen 1:1 (A), Halle 0:0 (H), Ludwigsfelde 0:0 (H), Grimma 1:1 (H), Bischofswerda 1:1 (H), Neugersdorf 0:0 (H).
Elf Partien wurden verloren: Grimma 0:6 (A), Eilenburg 3:5 (H), Krieschow 0:3 (A), Freital 0:2 (H), Wernigerode 1:2 (H), Krieschow 1:2 (H), Zorbau 2:3 (A), Fahner Höhe 0:2 (H), Wernigerode 0:5 (A), Bautzen 3:4 (A), Fahner Höhe 1:5 (A).
Das bedeutet Platz 10 mit einem Torverhältnis von 50:53 und 47 Punkten. Dabei fällt die Heimbilanz mit Platz 16 (vier Siege, acht Remis, fünf Niederlagen) und 22:18 Toren und 20 Punkten wesentlich schlechter aus als die Auswärtsbegegnungen. Hier nimmt man in der Oberliga Rang 3 hat, hat acht Mal gewonnen, drei Unentschieden erreicht und sechs Niederlagen kassiert. Das Torverhältnis beträgt 28:35, die Punktausbeute 27.
Zum Einsatz kamen 21 Spieler: Rupprecht (33) war in allen Spielen dabei. Außerdem wurden eingesetzt: Rühling (32), M. Baumann (31), Riemer, Szymanski (30), Krahnert (29), Schmidt, Schneider (27), Bahner, Schlegel (26), Seturidze (25), Fiedler (23), Giebel, Noak, Zarschler (20), Wachs (19), Kaiser, Nahr (17), Horack (10), Bresemann, R. Baumann (7).
Die elf Torschützen waren: Bahner (15), Riemer (8), Schlegel (7), Rupprecht (5), Fiedler (4), Wachs (3), Krahnert, Seturidze (2), Szymanski, Kaiser, Nahr(1).
Hartmut Gerlach